Oberhausen, Deutschland
Mut im Revier
Im Fokus stehen partizipativ-künstlerische Formate, die dem sozio-ökonomisch benachteiligten Zentrum Oberhausens zu neuer Identität und Image verhelfen sollen. Formate zur Begegnung und Stärkung des Miteinanders koppeln sich mit Aktionen zur gestalterischen Aufwertung des Quartiers. Leerstände und öffentliche Plätze werden in die Projektarbeit einbezogen und temporär umgenutzt: ein leeres Ladenlokal im Erdgeschoss eines Hochhauses verwandelt sich in einen selbstverwalteten Quartierstreff, in der Fußgängerzone blühen frische Blumenbeete, auf dem Museumsbahnsteig trifft sich das Quartier zum Open Air-Kino, der Bahnhofsturm wird zum Medium und erleuchtet in Statements der Solidarität.
Situation vor Ort
Die Innenstadt von Oberhausen leidet unter städtebaulichen Defiziten und einem schleichenden Funktionsverlust, was auf die Umwandlung einer Industriebrache hin zu einem neuen Freizeit- und Einkaufsstandort zurückzuführen ist. Als Ende der 90er-Jahre die „Neue Mitte“ eröffnete, setzte sich in Alt-Oberhausen, in unmittelbarer Umgebung des Hauptbahnhofs, eine Negativspirale in Gang. Heute ist das Straßenbild von Leerständen und gestalterischer Tristesse geprägt, die Strukturdaten weisen auf eine sozioökonomische Benachteiligung der Bewohner*innen hin. Das Modellprojekt baut auf Aktivitäten mit partizipativ-künstlerischen Formaten, die dieser Entwicklung etwas entgegensetzen wollen. Aktionen zur Stärkung der Identität und des Miteinanders haben bereits in einem Hochhaus unweit des Hauptbahnhofs stattgefunden und erste Impulse geliefert, die nun auf weitere Orte des Quartiers übertragen werden sollen.
Die Idee
„Mut im Revier“ möchte an bereits in dem Hochhaus – Oberhaus genannt – realisierte Formate und Initiativen anknüpfen. Beispiele hierfür sind: die Refugees’ Kitchen, eine mobile Küche, betriebenen von Geflüchteten; das Kunstprojekt „Freie Universität Oberhausen“, bei dem die formalen Strukturen von Hochschulen auf einen informellen Bottom-Up-Ansatz übertragen werden sowie die gemeinschaftlichen Renovierungen einiger Wohnungen des Oberhauses und eines vormals leerstehenden Ladenlokals im Erdgeschoss des Oberhauses, das sich zwischenzeitlich zu einem selbstverwalteten Quartierstreffpunkt entwickelt hat (Unterhaus).
Aktivitäten und Veranstaltungen
In der Vergangenheit hat kitev verschiedene Projekte der künstlerischen „Stadtreparatur“ in Angriff genommen. Dabei wurden beispielweise die Uhren des Hauptbahnhofs instand gesetzt und ein illuminierter Schriftzug im öffentlichen Raum gemeinschaftlich repariert. „Mut im Revier“ knüpft daran an und möchte neue Orte und Räume im Quartier erschließen: ein leerstehender Supermarkt wird als „Supermarkt der Ideen“ bespielt, der Museumsbahnsteig des Hauptbahnhofes über Open Air-Kinoabende belebt, verschiedene Punkte im öffentlichen Raum umgenutzt und durch kleine Details wie Blumen verschönert, gepflanzt vom neuen Quartiersgarten-Kollektiv. Auch gestalterisch soll auf Alt-Oberhausen eingewirkt werden, beispielsweise über kollektiv zu erarbeitende Murals und temporäre Möblierung. Maßgeblich bei allen Formaten sind die Wünsche von Quartiersbewohner*innen und Schlüsselakteur*innen aus sozialer Arbeit, Kunst und Kultur, die vorab mithilfe einer künstlerischen Bedarfsanalyse eingebunden werden.
Vormals leerstehende Räume wie der Supermarkt und das Unterhaus sollen zivilgesellschaftlichen Gruppen langfristig zur künstlerischen Nutzung überlassen werden. Hier sind folgende Aktionen geplant:
- Regelmäßige Vorträge, Spiele-, Diskussions- sowie Kochabende, kleine Konzerte oder Filmvorführungen im Ladenlokal des Oberhauses, dem Unterhaus,
- Die Freie Universität setzt an fünf Fakultäten die begonnene künstlerisch-empowernde Arbeit fort. Das Angebot reicht dabei von niederschwelligen Hands-On-Mitmachangeboten wie Urban Gardening im neu angemieteten Quartiersgarten, Sportangeboten und Improvisationstheater bis hin zu einem Debattierclub, der sich mit interkulturellen und politischen Fragestellungen befasst. Die Quartiersbewohner*innen bestimmen die Seminarthemen eigenständig und können – gemäß ihrer eigenen Interessen und Talente – selbst zu Seminarleitenden werden. Die Freie Universität findet sowohl im öffentlichen Raum als auch im Inneren statt und kooperiert mit Institutionen aus dem Quartier wie beispielsweise dem polnischen Kulturcafé Gdasnka oder dem Theater Oberhausen. Auf diese Weise können unterschiedliche Bevölkerungsgruppen miteinander in Kontakt kommen, die sonst wenig gemeinsame Berührungspunkte haben: Studierende der Freien Uni treffen auf Café- und Theaterbesucher.
- Verschiedene künstlerisch-partizipative Aktionen wie Streetart, Urban Gardening oder Lichtinstallationen werden in Zusammenarbeit mit professionellen Künstler*innen angeboten und so Methoden der Freiraumgestaltung und -aneignung aufgezeigt.
- Die Aktionen werden dokumentarisch mit einer Serie von Kurzfilmen und -dokumentationen sowie fotografisch begleitet. Zudem soll es zum Ende eines jeden Jahres eine Präsentation der Ergebnisse geben.
Sämtliche Aktionen sollen zu einer nachhaltigen und partizipativen Stadtentwicklung durch Kunst und Kultur mit den im Quartier lebenden Menschen beitragen. Darüber entwickeln die Bewohner*innen des Quartiers ein neues Zugehörigkeitsgefühl und Besucher*innen können das Quartier Alt-Oberhausen im Herzen der Stadt neu entdecken. Im Vordergrund der Projektarbeit stehen demnach das Empowerment der Bewohner*innen sowie Aspekte der Begegnung und des Abbaus von stigmatisierenden Vorurteilen.
Projektmanager*innen
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