Oberhausen, Deutschland
Mut im Revier
*** Die UTOPOLIS-Förderung ist im Oktober 2023 ausgelaufen; in Kooperation mit Fraunhofer UMSICHT und mit der Stadt Oberhausen beginnt ein neues dreijähriges Quartiers-Projekt: Creative City. In dessen Rahmen soll auch die Freie Universität Oberhausen eine Fortsetzung erfahren***
Hier kommst du zur Abschlussdokumentation
Im Fokus standen partizipativ-künstlerische Formate, die dem sozio-ökonomisch benachteiligten Zentrum Oberhausens zu neuer Identität und Image verhelfen sollten. Formate zur Begegnung und Stärkung des Miteinanders koppelten sich mit Aktionen zur gestalterischen Aufwertung des Quartiers. Leerstände und öffentliche Plätze wurden in die Projektarbeit einbezogen und temporär umgenutzt: ein leeres Ladenlokal im Erdgeschoss eines Hochhauses verwandelte sich in einen selbstverwalteten Quartierstreff, in der Fußgängerzone blühten frische Blumenbeete, auf dem Museumsbahnsteig traf sich das Quartier zum Open Air-Kino, der Bahnhofsturm wurde zum Medium und erleuchtete Statements der Solidarität.
Situation vor Ort
Die Innenstadt von Oberhausen leidet unter städtebaulichen Defiziten und einem schleichenden Funktionsverlust, was auf die Umwandlung einer Industriebrache hin zu einem neuen Freizeit- und Einkaufsstandort zurückzuführen ist. Als Ende der 90er-Jahre die „Neue Mitte“ eröffnete, setzte sich in Alt-Oberhausen, in unmittelbarer Umgebung des Hauptbahnhofs, eine Negativspirale in Gang. Heute ist das Straßenbild von Leerständen und gestalterischer Tristesse geprägt, die Strukturdaten weisen auf eine sozioökonomische Benachteiligung der Bewohner*innen hin. Das Modellprojekt baut auf Aktivitäten mit partizipativ-künstlerischen Formaten, die dieser Entwicklung etwas entgegensetzen wollen. Aktionen zur Stärkung der Identität und des Miteinanders haben bereits in einem Hochhaus unweit des Hauptbahnhofs stattgefunden und erste Impulse geliefert, die nun auf weitere Orte des Quartiers übertragen werden sollen.
Die Idee
„Mut im Revier“ möchte an bereits in dem Hochhaus – Oberhaus genannt – realisierte Formate und Initiativen anknüpfen. Beispiele hierfür sind: die Refugees’ Kitchen, eine mobile Küche, betriebenen von Geflüchteten; das Kunstprojekt „Freie Universität Oberhausen“, bei dem die formalen Strukturen von Hochschulen auf einen informellen Bottom-Up-Ansatz übertragen werden sowie die gemeinschaftlichen Renovierungen einiger Wohnungen des Oberhauses und eines vormals leerstehenden Ladenlokals im Erdgeschoss des Oberhauses, das sich zwischenzeitlich zu einem selbstverwalteten Quartierstreffpunkt entwickelt hat (Unterhaus).
Aktivitäten und Veranstaltungen
Schon vor der UTOPOLIS-Förderung hat kitev verschiedene Projekte der künstlerischen „Stadtreparatur“ in Angriff genommen. Dabei wurden beispielweise die Uhren des Hauptbahnhofs instand gesetzt und ein illuminierter Schriftzug im öffentlichen Raum gemeinschaftlich repariert. „Mut im Revier“ knüpfte daran an und konnte so neue Orte und Räume im Quartier erschließen: ein leerstehender Supermarkt wurde als „Supermarkt der Ideen“ bespielt, der Museumsbahnsteig des Hauptbahnhofes über Open Air-Kinoabende belebt, verschiedene Punkte im öffentlichen Raum wurden umgenutzt und durch kleine Details wie Blumen verschönert, gepflanzt vom neu entstandenen Quartiersgarten-Kollektiv. Auch gestalterisch wurde auf Alt-Oberhausen eingewirkt, beispielsweise über kollektiv erarbeitete Murals und temporäre Möblierung. Maßgeblich bei allen Formaten waren die Wünsche von Quartiersbewohner*innen und Schlüsselakteur*innen aus sozialer Arbeit, Kunst und Kultur, die vorab mithilfe einer künstlerischen Bedarfsanalyse eingebunden wurden.
Vormals leerstehende Räume wie der Supermarkt und das Unterhaus sollten und konnten zivilgesellschaftlichen Gruppen langfristig zur künstlerischen Nutzung überlassen werden.
Folgende Aktionen wurden umgesetzt:
- Regelmäßige Vorträge, Spiele-, Diskussions- sowie Kochabende, kleine Konzerte oder Filmvorführungen im Ladenlokal des Oberhauses, dem Unterhaus,
- Die Freie Universität setzte die begonnene künstlerisch-empowernde Arbeit fort. Das Angebot reichte dabei von niederschwelligen Hands-On-Mitmachangeboten wie Urban Gardening im neu angemieteten Quartiersgarten, Sportangeboten und Improvisationstheater bis hin zu einem Debattierclub, der sich mit interkulturellen und politischen Fragestellungen befasste. Die Quartiersbewohner*innen bestimmten die Seminarthemen eigenständig und konnten – gemäß ihrer eigenen Interessen und Talente – selbst zu Seminarleitenden werden. Die Freie Universität fand sowohl im öffentlichen Raum als auch im Inneren statt und kooperierte mit Institutionen aus dem Quartier wie beispielsweise dem polnischen Kulturcafé Gdasnka oder dem Theater Oberhausen. Auf diese Weise konnten unterschiedliche Bevölkerungsgruppen miteinander in Kontakt kommen, die sonst nur wenig gemeinsame Berührungspunkte teilen: Studierende der Freien Uni treffen auf Café- und Theaterbesucher.
- Verschiedene künstlerisch-partizipative Aktionen wie Streetart, Urban Gardening oder Lichtinstallationen wurden in Zusammenarbeit mit professionellen Künstler*innen angeboten und so Methoden der Freiraumgestaltung und -aneignung aufgezeigt.
- Die Aktionen wurden dokumentarisch mit einer Serie von Kurzfilmen und -dokumentationen sowie fotografisch begleitet und können online (siehe Link oben) eingesehen werden
Sämtliche Aktionen waren darauf ausgelegt, zu einer nachhaltigen und partizipativen Stadtentwicklung durch Kunst und Kultur mit den im Quartier lebenden Menschen beizutragen. Darüber entwickelten die Bewohner*innen des Quartiers ein neues Zugehörigkeitsgefühl und Besucher*innen konnten das Quartier Alt-Oberhausen im Herzen der Stadt neu entdecken. Im Vordergrund der Projektarbeit stand stets das Empowerment der Bewohner*innen sowie Aspekte der Begegnung und des Abbaus von stigmatisierenden Vorurteilen.
Kontakt
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