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Seit Anfang 2018 wird der größte städtische Kulturladen Nürnbergs, das Gemeinschaftshaus Langwasser, saniert. Während der Schließzeit hat sich die Einrichtung die Aufgabe gestellt, ihr Konzept und Programm zu überarbeiten. Neben der internen inhaltlichen Weiterentwicklung wurde mithilfe des groß angelegten Beteiligungsprojekts „Gemeinschaftshaus.Neu.Machen“ die Stadtteilbevölkerung in die Erneuerung einbezogen. Ziel ist es, die Bürger*innen zu ermutigen, das Kulturprogramm ihres Stadtteils mit zu entwickeln und auch selbst im Kulturladen umzusetzen.

Das Beteiligungsprojekt, das aus diesen Fragen heraus entwickelt worden ist, setzt sowohl auf Vor-Ort-Aktionen im Stadtteil als auch auf Online-Partizipation. Letzteres ist eine Methode, die in den vergangenen Jahren immer größere Anwendung findet. Zugleich sind Online-Beteiligungsprozesse noch stark in der Entwicklung begriffen – gerade im Kulturbereich gibt es wenig Erfahrungen oder feste Handreichungen dafür.

Die Stadt Nürnberg betreibt seit einigen Jahren ein eigenes Portal für e-Partizipationen. Wurde dieses Beteiligungsformat bisher ausschließlich für bauliche Vorhaben genutzt, soll mit dem Projekt „Gemeinschaftshaus.Neu.Machen“ erstmalig die inhaltliche Weiterentwicklung einer kulturellen Einrichtung angegangen werden.

In einem vierwöchigen Zeitraum im Sommer 2019 konnten die Bürger*innen schriftlich ihre Ideen und Visionen für den Kulturladen äußern. Alle Beiträge sind öffentlich einsehbar und stehen zur Bewertung und Diskussion offen. Die Mitarbeiter*innen des Gemeinschaftshauses moderieren die Plattform, sammeln die Beiträge und werten sie anschließend aus. Bis November 2019 werden erste Entscheidungen zur Umsetzung der Vorschläge getroffen und veröffentlicht sein. Anschließend wird zusammen mit Interessierten, die selbst aktiv werden möchten, die Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, zur Wiedereröffnung der Einrichtung bereits neue Formate und Gruppen zu präsentieren und zu starten.

E-Partizipation bietet eine sinnvolle Ergänzung zu klassischen Beteiligungsformaten und wird dabei auch dem Anspruch soziokultureller Einrichtungen gerecht: Das Verfahren ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang, da es die Hemmschwelle zur Meinungsäußerung sinken lässt. Die Überwindung, sich bei Vor-Ort-Veranstaltungen zu Wort zu melden oder seine Wünsche mündlich vor einem Gremium vorzutragen, muss hier nicht aufgebracht werden. Auch können die Beiträge zeit- und ortsunabhängig in Ruhe verfasst werden.

Inhaltlich ist es für jede Form der Partizipation wichtig, einen genauen Beteiligungsspielraum auszuloten und nach außen zu kommunizieren. Das heißt, es muss geklärt werden, welche Veränderungen möglich sind und wo die Grenzen der Umgestaltung liegen (zum Beispiel durch bauliche Vorgaben). Nur so können die Ideen und Wünsche der Menschen letztlich auch umgesetzt und das Projekt als erfolgreich wahrgenommen werden. Transparenz spielt also im gesamten Prozess eine wichtige Rolle.

Gerade hierfür bietet die Online-Beteiligung besondere Vorteile. Die Homepage stellt auf vielfältige Weise den Bürger*innen umfassende Informationen zur Verfügung. So werden beispielsweise Verlinkungen zu Vorab-Ansichten des sanierten Gemeinschaftshauses bereitgestellt sowie das Leitbild der Einrichtung, bereits bestehende Angebote, Kooperationspartner und mehr.

Da die Beiträge, Bewertungen und Kommentare der Bürger*innen öffentlich sichtbar sind, werden alle Diskussionen zum Nachlesen dokumentiert. Zudem wird jeder Schritt des Gesamtprojekts verschriftlicht und mit Fotos und Videos veranschaulicht, was zusätzlich für Transparenz sorgt.

Da e-Partizipation nicht alle Menschen erreichen kann, ist es notwendig, begleitend analoge Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten. So wird unsere e-Partizipation von Vor-Ort-Veranstaltungen mit kreativen Workshops und Aktionen im öffentlichen Raum umrahmt. Immer mit dabei sind Mitarbeiter*innen, die die Online-Plattform vorstellen und auf Tablets direkt die Meinungen der Bürger*innen festhalten.

Bei allen Vorteilen einer breiten Bürgerbeteiligung darf ein solches Verfahren nicht mit einer bloßen Online-Umfrage verwechselt werden. Es erfordert finanzielle und personelle Ressourcen sowie fachliches Knowhow in Sachen Bürgerbeteiligung und technischer Umsetzung. Dieses Wissen muss unter Umständen extern eingeholt werden.

Wir haben zu diesem Zweck ein Beratergremium einberufen, bestehend aus verschiedenen Dienststellen der Stadt Nürnberg, die bereits mit Online-Beteiligung zu tun hatten. Auch alle Stadtteileinrichtungen und Gremien, die vom Beteiligungsprozess im Gemeinschaftshaus betroffen sein könnten, sind hier eingeladen. Dazu zählen zum Beispiel die Stadtteilbibliothek, die sich im Gebäude des Kulturladens befindet, oder Vertreter*innen des Amts für Digitalisierung, IT und Prozessorganisation, die uns mit ihrer Infrastruktur und ihren Erfahrungen unterstützen. Betreibt man diesen notwendigen Aufwand, kann eine e-Partizipation entscheidend zum Gelingen eines Bürgerbeteiligungsverfahrens beitragen.

 

zum Beteiligungsprojekt „Gemeinschaftshaus.Neu.Machen“: www.onlinebeteiligung.nuernberg.de

Manuela Bernecker, Ruth Olschinski, Wendelin Reichl, Gemeinschaftshaus Langwasser, Amt für Kultur und Freizeit, Stadt Nürnberg